Die Bäume, die langsam wachsen, tragen die besten Früchte.
– Molière
Während es in jeder Sparte des Reitsports eigene Ziele und somit Auffassungen über eine korrekte Besattelung geben mag,
ein Islandpferdesattel wird beispielsweise gerne weiter nach hinten gezogen, um den Tölt zu fördern,
ein Roping-Westernsattel ist mit seiner schweren Bauweise dafür gebaut, dem starken Zug am Horn durch ein Rind standzuhalten
sind die Ziele vieler Freizeitreiter klar durch langfristige Gesunderhaltung und flüssigen Bewegungsabläufen gesteckt. Daraus ergeben sich folgende Anforderungen an die Besattelung:
- Gleichmäßige Druckverteilung des Reitergewichts
- Schulterblattfreiheit in der Bewegung
- Stoßdämpfende Eigenschaften
- Passend zum Sitz der ReiterIn
Gleichmäßige Druckverteilung des Reitergewichts
Eine gleichmäßige Druckverteilung bedeutet umgekehrt gesagt, dass es keine Druckspitzen in der Sattellage gibt.
Richtig angewandt kann eine Gelmatte wie zum Beispiel das Impression Pad von Port Lewis oder das selbstgemachte Carola Pad hier gute Auskunft geben, wie es mit der Druckverteilung bei deinem Sattel bestellt ist.
Schlechte Druckverteilung nach 20 Minuten Schritt-Trab-Galopp.
Perfekte Druckverteilung nach 20 Minuten Schritt-Trab-Galopp. Die Gelmatte sieht aus wie vor dem Ritt!
Dafür sind folgende Faktoren nötig:
1. Ein Sattelbaum, der sich der Rückenform möglichst annähert
Dabei ist auch die Rückenform in Bewegung zu beachten. Es gibt Pferde, die ihren Rumpf in Bewegung bereits sehr gut anheben (was ja auch eines der Hauptziele des Equisensomotoric® Training ist) können, wodurch sich der Schwung verändert. Da wir beim Reiten auf einem Pferd sitzen, dass sich bewegt, ist die Berücksichtigung der Rückenform in aktiver Bewegung, jener im passiven Stand vorzuziehen.
Druckspitze vorne
Druckspitze hinten
Druckspitze vorne und hinten = Brückenbildung
Drückt ein Sattel vorne und hinten und liegt im mittleren Bereich nicht auf, spricht man von Brückenbildung.
Kissenwinkel zu steil oder zu flach
Ist der Kissenwinkel zu steil schiebt er das Gel (und auch das Gewebe des Pferderückens) nach unten, wodurch eine rillige, gerade Kante fühlbar wird.
Ist der Kissenwinkel zu flach nutzt der Sattel nicht seine gesamte Breite zur Druckverteilung, sondern liegt vorwiegend im mittleren Bereich entlang der Wirbelsäule auf.
Kissenkante nicht flach auslaufend
Eine weitere Gemeinheit für das Pferd ist es, wenn die Kissenkante zu kantig endet.
2. Große Auflagefläche
Die Größe der Auflagefläche, also der Kissen, macht einen entscheidenen Unterschied für die Druckverteilung. Die Physik spricht hierzu ebenso klare Worte.
Will man einen möglichst kleinen Auflagedruck haben, so muss man die Kraft klein und die Fläche groß wählen. Das ist z. B. der Grund dafür, dass an Traktoren bei feuchten Äckern Breitreifen angebaut werden oder dass schwere Raupen über breite Ketten verfügen. Durch Vergrößerung der Fläche wird der Auflagedruck verringert. Demzufolge übt auch eine Person mit Ski einen wesentlich kleineren Auflagedruck als eine Person ohne Ski aus. Letztere sinkt tiefer ein.
Quelle
Auch du sinkst tiefer und schwerer in die Muskulatur ein, wenn dein Sattel eine kleine Auflagefläche besitzt. Deshalb sollte auf Sätteln mit kleiner Auflagefläche, wie den klassischen Dressursätteln, (wenn überhaupt..) auch nur sehr kurz geritten werden.
Ein Rechenbeispiel: Nehmen wir an eine 50 kg Reiterin reitet mit einem 12 kg Sattel. Macht 62 kg Gewicht (noch ohne jegliche Potenzierung, die durch Flieh- und Gravitationskräfte noch hinzukommen würde), umgerechnet in Newton sind das 608 N. Nehmen wir an der Sattel hat eine Auflagefläche von 30×40 cm, ergibt das 1200 cm2. Umgerechnet also 0,12 m2 Der Auflagedruck ist also 608 N /0,12 m2 = 4,9 Pa (Pascal die mathematische Einheit für den Auflagedruck).
Vergrößern wir jetzt die Auflagefläche der Sattelkissen auf 35x45cm beträgt der Auflagedruck (608 N /0,1575 m2) nur mehr 3,8 pascal. Das sind rund 30% weniger Druck, der auf die Rückenmuskulatur wirkt, wenn die Sattelkissen nur 5 cm länger und seitlich je 2,5 cm bereiter sind. Kurz gesagt: Ist dein neuer Sattel also nur drei Finger breit länger und rechts und links je zwei Finger breiter als dein alter Sattel, entlastest das den Flächendruck auf die Rückenmuskulatur deines Pferds um 30%. 30% von 62kg sind immerhin 18kg, die sich nun auf die größere Auflagefläche verteilen können im Vergleich zum kleineren Sattelkissen.
Schulterblattfreiheit in der Bewegung
lkj
Stoßdämpfende Eigenschaften
Während der Schritt kaum Auf- und Abbewegung erzeugt, erfordert eine korrekte Besattelung spätestens im Trab oder Galopp ausreichend stoßdämpfende Eigenschaften. Natürlich spielt hier die Geschmeidigkeit des Reitersitzes ebenso eine Rolle, aber selbst im schlechteren Fall (dass die Reiterin noch nicht über einen vollständig geschmeidigen Sitz verfügt) freut sich jedes Pferd über ausreichend stoßdämpfende Wirkung in den höheren Gangarten.
Mehr Stoßdämpfung oder Pufferwirkung bedingt vor allem eines Materialhöhe! Ohne Material keine Pufferwirkung. Das ist ähnlich wie beim Auto, bei dem der vordere Bereich vor der Fahrerkabine als Knautschzone im Falle eines Unfalls wirkt. Verkürze ich hier nun die Knautschzone stark, wird die Sicherheit für die Fahrerin unweigerlich sinken. Ähnlich ist es beim Sattelaufbau.
Je höher und weicher das Material umso mehr stoßdämpfende Eigenschaften bekommt der Aufbau. Ist mehr also hier besser? Nein, ab einer gewissen Höhe wird der Aufbau instabil und schwammig – das „schwankender Turm“ Gefühl gilt es zu vermeiden. Man muss daher einen Kompromiss finden, der sich wie folgt beschreiben lässt:
Bindegewebsveranlagung des Pferds weich > eher mehr Materialstärke
Bindegewebsveranlagung des Pferds stramm > eher weniger Materialstärke nötig
Höheres Gewicht der Reiter/in > eher mehr Materialstärke nötig
Geringeres Gewicht der Reiter/in > eher weniger Materialstärke nötig
Fehlende Rückenmuskulatur des Pferds > eher mehr Materialstärke nötig
Rückenmuskulatur des Pferds proper > eher weniger Materialstärke nötig
Passend zum Sitz der Reiterin
Der beste Sattel nützt nichts, wenn er nicht zur Reiterin passt. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass Sitzgewohnheiten eben Gewohnheiten sind. Wer ein neues System zu Gunsten der Gesundheit des eigenen Pferds ausprobieren möchte, sollte sich mindestens 10 Ritte Zeit geben, sich an das neue Sitzgefühl zu gewöhnen.
Bei folgenden Faktoren rate ich (wenn auch nur vorübergehend für eine gewisse Zeit der Ausbildung) zu einem Westernsattel: Wer in den Grundgangarten noch nicht satt und locker sitzt, wer zu selbst zu Übergewicht neigt, wessen Pferd noch unberechenbar oder schreckhaft ist.
Alle anderen sind meiste mit einem Barocksattel oder Sättel mit ähnlich großer Auflagefläche gut beraten.